Dieses Material wird für den Anfang empfohlen. Es enthält wesentliche Informationen, auf die häufig zurückgegriffen wird.
In der jüdischen Gemeinschaft gibt es vier grundlegende Methoden der Auslegung, die zum Verständnis der Schrift dienen sollen. Nach der Encyclopedia Judaica sind dies:
- Die literarische oder wörtliche Erklärung – Peschát :
- Die philosophische oder rationalistische Erklärung – Rémes :
- Die homiletische oder midraschische Erklärung – Derásch :
- Die mystische oder allegorische Erklärung – Ssod :
Sie besteht darin, daß man den Bibeltext nach den normalen Maßstäben anwendet, also entsprechend der Wortwahl, dem Stil und der Anordnung, damit man die einfache Bedeutung versteht. Peschát ist die Erklärung der buchstäblichen Bedeutung des Textes. Von den 4 Methoden wird diese von den Rabbinern bevorzugt.
Im Talmud in Schabbat 63A findet sich folgende Aussage:
„Ein Vers kann nicht abweichen von seiner einfachen Bedeutung.“[1]
Wie wichtig diese Feststellung ist, macht Rabbiner Aharon Feldmann in seinem Buch Der Jongleur und der König klar. Er beschreibt diese Aussage als den „Machtspruch der Weisen“. Ein Machtspruch ist eine „autoritative Erklärung“.[2] Er sagt weiter, es sei eine autoritative Erklärung der Weisen, daß „die einfache Bedeutung des Textes immer wahr ist.“[3] So verstanden die rabbinischen Weisen, daß diese Auslegungsmethode zu bevorzugen war.
Diese Methode besteht darin, von der Schrift die allegorische Bedeutung des Textes abzuleiten. Eine Allegorie ist eine symbolische Erklärung. Die Rabbiner neigen dazu, in der Bibel eine umfassende Symbolik zu erkennen. Aber die meisten ihrer symbolischen Auslegungen lassen sich aus dem Text nicht beweisen. Die große Mehrheit des rabbinischen Rémes ist einfach kluge, intellektuelle, einfallsreiche Spekulation.
Hierbei wird aus der Lehre der Rabbiner das ausgewählt, was ein Text an erbaulichen Gedanken oder praktischen Anwendungen hergibt. Derásch befaßt sich mit der alltäglichen, praktischen Anwendung der Bibel.
Mit dieser Methode findet man Winke oder Anspielungen in der Bibel, die das Wesen Gottes, der Seele usw. betreffen.[4]
So wird die Auslegung der Bibel auf viererlei Weise vorgenommen und ergibt dadurch sehr fließende Anwendungen. Damit meine ich, daß man es für berechtigt hält, jede dieser vier Methoden auf denselben Bibelvers anzuwenden, um seine Bedeutung herauszufinden. Demzufolge hat jeder Vers nach rabbinischer Ansicht vier Bedeutungsebenen:
- Peschát – der Vers kann eine einfache Bedeutung haben
- Rémes – der Vers kann eine allegorische Bedeutung haben
- Derásch – der Vers kann praktisch angewendet werden
- Ssod – der Vers kann etwas lehren über das Wesen Gottes.
Die Schreiber des Neuen Testaments zitierten die hebräische Bibel und bewegten sich dazu in dem kulturellen Gedankengut der Zeit, in der sie lebten. Das führte dazu, daß sie diese „vierfache“ Methode eher anwandten als eine einzige oder starre. Zum Beispiel verwendet Matthäus alle vier Methoden, eine nach der anderen, im Kapitel 4 seines Evangeliums. Das gibt seine Gedankenwelt und jüdische Kultur des ersten Jahrhunderts wieder. In Matthäus 2,5-6 sieht er die buchstäbliche Erfüllung von Micha 5,1, ein Peschát. In Matthäus 2,15 sieht er Hosea 11,1 philosophisch oder als Typus, also er braucht Rémes. In Matthäus 2,17-18 verwendet er Jeremia 31,15 auf homiletische Weise, als Derásch; das ist eine praktische Anwendung von Jeremia 31,15. In Matthäus 2,23 schließlich sagt er etwas aus, das sich summarisch auf alle Propheten (Mehrzahl!) bezieht, die als Gruppe über den Messias geweissagt haben. In Matthäus 2,23 sieht er den Text aus mystischer Sicht und gebraucht die Ssod genannte Methode.
Alle Zitate aus der hebräischen Bibel im Neuen Testament werden stets in eine dieser vier Kategorien passen. Das Neue Testament, das ja ein von jüdischen Autoren geschriebenes, jüdisches Buch ist, ist sehr konsequent im Gebrauch der hebräischen Bibel. Wir werden folgende Ausdrücke verwenden, wenn wir uns auf die vier Methoden beziehen:
- wörtliche Prophetie und wörtliche Erfüllung – Peschát,
- wörtliche Prophetie und typische Erfüllung – Rémes,
- wörtliche Prophetie und Anwendung – Derásch,
- wörtliche Prophetie und Summierung – Ssod.[5]
Es wäre weise, wenn Sie dieses Material zu beherrschen lernten. Die Kenntnis dieser Ideen wird Ihnen auf weiter Strecke behilflich sein, die Prophetie zu verstehen, so daß Sie die Bibel gegen Kritiker verteidigen können.
- ^ The Soncino Talmud (©1973 Judaica Press, Inc. and ©1965, 1967, 1977, 1983, 1984, 1987, 1988, & 1990 Soncino Press, Ltd.) is a product of Judaica Press, Inc. Brooklyn, NY, and, if included, is incorporated herein pursuant to exclusive license.
- ^ WordNet ® 2.0, © 2003 Princeton University
- ^ Feldman, Rabbi Aharon, The Juggler and the King, (Spring Valley: Philipp Feldheim, Inc.) 1990, pg. xxii
- ^ Encyclopedia Judaica, CD Rom Edition Version 1.0, s.v. “Literature, Jewish”
- ^ Fruchtenbaum, Dr. A.G., Manuscript #134 – “How the New Testament Quotes the Old Testament,” (Tustin:Ariel Ministries, 1991), pp 2-9; see also Cooper, Dr. David L., Messiah: His Historical Appearance (Los Angeles, California: Biblical Research Society, 1958), pp. 174-178